Sind wir mal ehrlich – gerade nach den Coronajahren, in denen nicht nur Paare, sondern auch Familien gefühlt 24/7 aufeinander saßen, war irgendwann der Geduldsfaden nur noch ein sehr kurzer. Was einen vorher zwar genervt aber nicht groß geschickt hätte, führte zu Explosionen und die zu wahrende Contenance … ich habe sie nicht mehr gefunden. Genau deswegen kam mir “Montessori für die ganze Familie: Einfache Ideen für mehr Harmonie und Achtsamkeit im Alltag” von Tim Seldin und Lorna McGrath (DK Verlag) wie gerufen. Das klingt doch nach einem perfekten Ansatz.

Los geht es im Buch erstmal mit der Einführung zur Montessori-Philosophie und den Grundzügen. Ziel ist eine ruhige, friedliche und kooperative Atmosphäre daheim – ja, das klingt gut. Ein paar der Prinzipien kenne ich schon (Ermutigen statt loben, Lebenslanges Lernen fördern, Eigenständigkeit fördern) andere sind mir neu (Anmut und Manieren, Konsequent sein, Freiheit in Grenzen geben). Zwei große Rubriken gliedern das Buch: “Das Montessori-Zuhause” und “Familienleben nach Montessori” mit einzelnen “Strategien für den Alltag”.

Im ersten Abschnitt geht es um die Familienwerte, die wir für uns festlegen und vermitteln müssen, die Familienkultur, welche wir entwickeln sollen und die Zusammenarbeit der Eltern, die Erziehungspartnerschaft. Und weil wir natürlich nicht nur Erziehende, sondern immer auch noch ein Paar sind, gibt es auch Tipps zur Pflege der Partnerschaft. Alle Ansätze werden nachvollziehbar erläutert und anhand von Übertragungen veranschaulicht. 

Zentraler Aspekt bei vielen Kapiteln des ersten Teils ist die Kommunikation: Wie reden wir miteinander und worüber? Wie begeben wir uns auf Augenhöhe? Wie verstehen wir unsere Kinder und zeigen ihnen auch, dass wir sie verstehen? Und auch die Gestaltung des Zuhauses wird thematisiert, da es sich hierbei auch um eine “emotionale Umgebung” handelt. 
Wir lernen also unter ganz unterschiedlichen Aspekten die Montessori-Ansätze in unserem familiären Alltag umzusetzen.

Der zweite Teil dieses Kapitels dreht sich dann um die Praxis – wir erfahren, wie wir unser Zuhause gestalten sollten, um die drei Grundprinzipien “Alles hat seinen Platz”, “Freude an Ästhetik” und “Interessen widerspiegeln” ideal umzusetzen. Dabei wird jeder Raum einzeln betrachtet und auf seine Bedürfnisse und Anforderungen hin untersucht – für die Alterspanne 18 Monate bis 6 Jahre/ 6-12 Jahre/ 12-18 Jahre gibt es zu jedem Raum nochmals kleine Zusatzinfos. 

Bei den Strategien für den Alltag gibt es neben vielen Erfahrungsberichten auch Umsetzungsanleitungen für “Familientreffen” (regelmäßige Gesprächskreise der Familie), “Natürliche Konsequenzen” (Erfahrungen selbst sammeln lassen), “Konflikte beilegen” (Wie man Streit umgeht), “Ein ruhiger Ort” (Rückzugsräume für jeden zum Runterkommen), “Schlechtes Betragen neu bewerten” (Wahre Gefühle und Gründe erkennen durch Perspektivwechsel). 
Die Ideen sind nachvollziehbar erläutert und anhand konkreter Beispiele von Eltern greifbar. 

In Summe geht es in diesem zweiten Teil des Buches darum, herauszufinden, was Kinder im Alltag mit seinen unterschiedlichen Lebensbereichen benötigen, um zu wachsen. Ob Schlaf, Essen, Freizeitgestaltung, Naturerfahrung, Kleidung, Familienaktivität Spiel und Bewegung – jeder Bereich wird individuell betrachtet.
So viel Freiheit wie möglich, so viel Regeln wie nötig.
Ziel sind neben glücklichen und weitestgehend selbstbestimmten Kindern, die sich wahrgenommen und geschätzt fühlen, zufriedene Eltern und ein entspanntes Klima daheim.

 

Fazit: Nicht alles ist für jeden umsetzbar. Ich habe in der Küche das Geschirr für meine Tochter, wie empfohlen, unten eingeräumt, aber den Kühlschrank kann ich nicht nach unten räumen, weil da der Eisschrank ist 😀
Beim Haushalt haben wir auch etliche Aufgaben gefunden, bei denen meine Tochter “mithelfen” kann und wo möglich (Zeit, Geld, Nerven) lasse ich sie Fehler machen, um daran zu wachsen. 
Und ja, da sind definitiv wertvolle Denkanstöße, die ich hier erhalten habe. 

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