Was habe ich mittlerweile viele Ratgeber gelesen: Jesper Juul, um meinem Kind auf Augenhöhe zu begegnen, Nora Imlau, um das wilde Wesen meiner Tochter zu ergründen, Bachmanns, um das Familienleben friedvoller zu gestalten oder auch Romy Winter, um das Geheimnis der Resilienz zu finden. Doch nirgends habe ich mich bisher so gut aufgehoben gefühlt wie bei Nicola Schmidt und “artgerecht. Das andere Kleinkinderbuch” (Kösel Verlag).
Ein klein wenig bedauere ich, dass mir “artgerecht. Das andere Babybuch” entgangen ist, denn ich glaube, es hätte mir sehr geholfen. Eingeteilt ist das Buch in die Themenbereiche “Essen”, “Schlaf”, “sauber werden”, “spielen”, “Familienleben”, “Eigenständigkeit”, “Betreuung” und “Leben”. Die erste Erkenntnis bereist im Intro: Es kommt auf die Betrachtung an. Mein Kind verhält sich nicht zwingend falsch, sondern es mag womöglich an meinen Erwartungen liegen, die einfach nicht realistisch sind. Okay, das klingt gut. Schauen wir mal, ob das Buch mir zu einem entspannteren Umgang mit dem teils sehr fordernden Nachwuchs (ja, ich hab nur 1 Kind!) helfen kann 😀
Das Thema “Essen” ist bei uns seit jeher ein konfliktbehaftetes, da wir krankheitsbedingt (EoE) hier ein paar Hürden mehr zu meistern hatten und haben. Schön finde ich hier, dass nicht der blöde Satz “es ist noch kein Kind am gedeckten Tisch verhungert” fällt, sondern Schmidt klar sagt, dass zu klären ist, ob “gesundheitliche oder seelische Störungen vorliegen” auf Grund derer das Kind nicht essen mag. Danke für diesen Punkt!
Die angesprochenen Aspekte sind vielfältig, die Erklärungen nachvollziehbar und die Tipps sehr gut umsetzbar. Das Kind einbinden und gemeinsam das Essen zelebrieren. Funktioniert bei uns nicht immer, aber gerade der Satz “In der Regel essen Kinder nicht “nichts”, sondern weniger, als die Eltern erwarten. Sie essen nicht das, was die Eltern möchten, oder sie essen nicht zudem Zeitpunkt, zu dem die Eltern es gern hätten” lässt mich innehalten. Ja, das trifft es ziemlich gut. Vielleicht also doch weniger Sorgen machen. Anderen scheint es ähnlich zu gehen.
Das Thema “Schlaf” ist bei uns eher unproblematisch, aber momentan wandert Madame nachts immer zu und. Was mir hier enorm hilft sind die Erkenntnisse, dass “Durchschlafen” fünf Stunden am Stück meint, die Einschlafzeit weltweit komplett unterschiedlich ist und ein nächtliches Aufwachen von 1-2 mal vollkommen normal ist. Auch die Erklärung, dass sich meine innere Unruhe, wenn ich es eilig habe, dass das Kind endlich schläft, auf das Kind überträgt und zum Gegenteil führt, finde ich einleuchtend.
Im ganzen Kapitel gibt es viele Erklärungen dazu, wie Schlaf funktioniert, woran es scheitert und, wie wir es verbessern können (auch mit äußeren Faktoren wie Raumtemperatur und Massagen).
Den Punkt mit der vollen Blase, die sich im Aufwachen gegen 4 Uhr manifestiert, muss ich zeitnah mal überprüfen …
Auch im Themenblock “sauber werden” hatte ich viele aha-Momente. Schritt-für-Schritt-Anleitungen, zahlreiche Tipps und Erklärungen lassen einen als Eltern hier deutlich entspannter an das Ganze herangehen. In jedem Kapitel gibt es zudem eine Rubrik mit “Irrtümern”, die aufgeklärt werden. Ja, auch ich bin hier manchem Irrglauben aufgesessen, wie ich merke.
Der Aufbau wiederholt sich dabei in jedem Kapitel und neben der Irrtümern gibt es auch FAQs, Positionen der Wissenschaft und meist einen Gastbeitrag eines Experten.
Für mich der mit Abstand beste Ratgeber, bei dem ich Fragen, Erklärungen und Hilfestellungen gefunden habe, die ich bei anderen in dieser Form leider vergeblich gesucht habe. Sollte für Eltern mit Kleinkindern eigentlich eine Pflichtlektüre sein !